100 Jahre Le Mans

100 Jahre Le Mans

Das 24-Stunden-Rennen in Le Mans zählt zu den größten Motorsport-Ereignissen der Welt. Dieses Jahr feiern die Veranstalter das 100-jährige Bestehen des Langstreckenklassikers. Grund genug einen kleinen Rückblick auf die bemerkenswerte Historie des Autorennens an der Sarthe zu werfen.

1923-1939

1920 24h du Mans

Vorkriegszeit

Am 26. Mai 1923 starteten 33 Fahrzeuge in das erste 24h-Rennen auf der damaligen 17,26km langen Rennstrecke, die noch nicht vollständig asphaltiert war. Zu diesem Zeitpunkt nahmen fast ausschließlich nur Franzosen am Rennen teil, was sich im Laufe der Jahre aber rasch änderte. Die ersten Sieger hießen dabei Andre Lagache und Rene Leonard, die auf einem Chenard & Walcker mit einer Distanz von 128 Runden (2.210km) das Rennen als Erstes beendeten. Dank des neuen Streckenbelags und der Verkürzung der Rennstrecke konnte in den Folgejahren der Distanzrekord kontinuierlich ausgebaut werden. In der letzten Ausgabe vor dem Krieg wurden bereits 248 Runden bei einer Distanz von 3.355km abgespult. Zu den erfolgreichsten Marken gehörten damals Bentley mit je fünf und Alfa Romeo mit je vier Siegen. Auffallend dabei war allerdings, dass die Starterfelder teils deutlich kleiner waren als heutzutage. 1930 starteten beispielsweise nur 17 Autos, wovon lediglich neun davon ins Ziel kamen. Im selben Jahr waren zudem mit Rudolf Caracciola und Christian Werner die ersten deutschen Fahrer in einem Mercedes-Benz SSK an der Sarthe zu Gast.
Foto: 24h du Mans

1949-1959

1950er Le Mans

Nachkriegszeit

Jaguar galt in der Nachkriegszeit als die erfolgreichste Marke in Le Mans. Zwischen 1951 und 1957 gewann der britische Hersteller den Langstreckenklassiker fünf Mal, wobei auch F1-Weltmeister Mike Hawthorne einmalig triumphierte. Im Jahre 1952 war zudem erstmals eine deutsche Marke siegreich, als Hermann Lang und Fritz Riess auf einem Mercedes-Benz 300SL nach 277 Runden als erstes die Ziellinie überquerten. Vor allem in den 1950ern war die Standfestigkeit bei vielen Fahrzeugen ein großes Thema und für den Gewinn des Rennens essentiell. Somit war es nicht unüblich, dass damals oftmals mehr als die Hälfte des Starterfelds frühzeitig ausschied. 1959 kamen beispielsweise nur zwölf von 53 gestarteten Autos ins Ziel. Zudem ereignete sich 1955 das wohl größte Drama der Motorsport-Geschichte. Bei einem Auffahrunfall an der Start- und Zielgeraden stieg ein Austin-Healey auf und flog in die Tribüne, wodurch 82 Personen getötet wurden. In den Folgejahren wurde dementsprechend viel für die Sicherheit der Zuschauer getan, um ähnliche Vorfälle zu vermeiden.
Foto: Aston Martin

1960-1969

Trio of Ford GT40 Mk IIs cross finish line at Le Mans 1966

Ford gegen Ferrari

Die 1960er Jahre wurden von zwei Herstellern dominiert – Ford und Ferrari. Als erste Marke gewannen die Italiener zwischen 1960 und 1965 sechs Mal hintereinander den französischen Langstreckenklassiker. Am Steuer waren damals der spätere F1-Champion Jochen Rindt, sowie Phil Hill. Um diese Dominanz allerdings zu brechen, entwickelte Ford den GT40. 1966 gelang somit der erste Gesamtsieg des US-amerikanischen Autobauers. Bruce McLaren und Chris Amon pilotierten den Sportwagen mit 7 Litern Hubraum zum ersten von vier Siegen in Folge. In diesen Jahren wurden die Autos zudem immer schneller, so wurde 1967 zum ersten Mal die 5.000 Kilometer Marke geknackt. Dan Gurney und AJ Foyt komplettierten 388 Runden und schlugen erneut die Konkurrenz rund um Ferrari. Das Ende des Jahrzehnts markierte auch das Ende des klassischen Le-Mans-Starts, bei dem die Fahrer bei Beginn des Rennens zu ihren Fahrzeugen sprinten mussten. Aus Sicherheitsgründen starteten die Piloten ab 1970 in ihren Autos.
Foto: Ford

1970-1987

Porsche in Le Mans

Porsche-Jahre

Porsche ist nach hundert Jahren Le Mans die erfolgreichste Marke des Rennens. 19-mal war die deutsche Automarke auf dem obersten Treppchen des Podests aufzufinden. Der Zeitraum zwischen 1970 bis 1987 war für Porsche besonders erfolgreich, da man zwölf Mal an der Sarthe gewinnen konnte. Die Erfolgsstory begann mit dem 917K, der von einem Zwölfzylinder-Motor befeuert wurde und sofort die Konkurrenz von Ferrari schlug. Mitte der 1970er wurde zudem das Gruppe-6-Reglement eingeführt und Porsche entwickelte den 936, der unter anderem gegen Renault und Mirage antrat. 1976 war dieses Auto zum ersten Mal siegreich und im Folgejahr gewann zum ersten Mal in der Le-Mans-Geschichte ein Auto mit Dreierbesetzung. Bis dato war es üblich, dass die Teams das Rennen mit nur zwei (!) Fahrern beendeten. Nach zwei weiteren Siegen der Marke Porsche wurden 1982 das Gruppe-C-Reglement ausgeschrieben. Porsche dominierte zunächst das 24-Stunden-Rennen nach Belieben und gewann mit dem 956 und 962 sechsmal in Folge. Allen voran der Erfolg 1986 blieb vielen Rennsportfans in Erinnerung, als neun Porsche in den Top 10 ins Ziel kamen. In den Folgejahren sollte die Konkurrenz aber deutlich stärker werden.

Foto: Porsche

1988-1993

Mercedes Le Mans

Hochzeit Gruppe C

Die Gruppe-C-Ära wird von vielen Motorsport-Fans als die goldene Ära im Langstreckensport angesehen. Die Markenvielfalt war gewaltig, die Autos sahen spektakulär aus und der Klang war betörend. Jaguar schaffte es zunächst die Porsche-Dominanz zu brechen und war 1988, sowie 1990 erfolgreich. Ende der 1980er wurde zudem von Roger Dorchy ein neuer Geschwindigkeitsrekord auf der Hunaudieres-Geraden aufgestellt. Der WM P88 erreichte eine Geschwindigkeit von 405 km/h, ein Rekord, der bis heute besteht und wahrscheinlich nie wieder gebrochen wird. Auch Mercedes gewann nach langer Abstinenz vom Rennsport wieder ein Rennen in Le Mans. Mit Manuel Reuter, Jochen Maas und Stanley Dickens gelang 1989 der Triumph im Sauber C9. Der beliebteste Prototyp der Gruppe-C-Ära ist wohl der Mazda 787B, allen voran aufgrund des irren Sounds des Wankelmotors. 1991 schrieb sich die japanische Marke in die Geschichtsbücher ein, als man das legendäre Rennen gewinnen konnte. Dies geschah allerdings nicht, weil man das schnellste Auto hatte, sondern weil die sehr starke Konkurrenz von Peugeot und Mercedes im Laufe des Rennens ausfiel. Peugeot musste allerdings nicht lange auf einen Gesamtsieg warten, schon im Folgejahr triumphierten die Franzosen. 1993 legte Peugeot nach, als man sogar die ersten drei Plätze auf dem Podium belegte.
Foto: Mercedes

1994-1999

BMW in Le Mans

LMP1 und GT

Ab 1994 wurde nach Ende der Gruppe C erneut ein neues Reglement auf die Beine gestellt. So wurde das Feld, ähnlich wie heutzutage, in Prototypen und GT-Autos unterteilt. Im Gegensatz zur Gegenwart waren die GranTurismo-Fahrzeuge (GT) auf den langen Geraden in Le Mans aber erheblich schneller. Die seriennahen Fahrzeuge aus der GT-Klasse waren in den Vorjahren teilweise vollständig aus dem Rennen verschwunden. 1995 schaffte McLaren mit dem F1 GTR die große Überraschung, als man u.a. wegen dem teils starken Regen die Prototypen hinter sich ließ. Auch Porsche meldete sich in dieser Zeit zurück, als man zwischen 1996 und 1998 drei Siege in Folge einfuhr. Dies geschah dank des LMP1-Boliden WSC-95 und des 911 GT1. McLaren musste sich somit trotz der Longtail-Spezifikation des F1 geschlagen geben. Das Jahrtausend endete mit dem bis dato einzigen Sieg für BMW. Der V12 LMR gewann 1999 gegen die Konkurrenz von Toyota und Audi und schrieb sich somit in die Geschichtsbücher ein. Im selben Jahr ereigneten sich zudem mehrere spektakuläre Unfälle für Mercedes. Ganze drei Mal hoben die Autos der deutschen Automarke ab, glücklicherweise wurden jedoch weder Mark Webber (zwei Abflüge) noch Peter Dumbreck ernsthaft verletzt.

Foto: BMW

2000-2011

Audi in Le Mans

Audi-Jahre

Nach der Jahrtausendwende kam es in Le Mans zur großen Audi-Dominanz. Zwischen 2000-2002 gewann das Joest Team mit dem R8 drei Mal in Folge an der Sarthe. Dabei handelte es sich jedoch um den Prototypen und nicht um den gleichnamigen Sportwagen. 2003 gewann Bentley zum ersten Mal seit 1930 den französischen Langstreckenklassiker, u.a. auch mit dem neunfachen Sieger Tom Kristensen als Fahrer, der in diesem Jahr für die britische Marke antrat. Nach zwei weiteren Erfolgen mit dem R8, kam es in den Folgejahren zu den großen Duellen der Dieselmotoren. Sowohl Audi als auch Peugeot setzten somit auf 5,5L V12 Motoren, die zwischen den Jahren 2006 und 2009 erfolgreich waren. Anfang der 2010er wurden die Motoren der Topklasse kontinuierlich kleiner, bevor man 2012 auf einen Hybrid-Antrieb umstieg. Leider stellte Peugeot das LMP1-Programm ein, wodurch neue Hersteller für die Topkategorie gesucht werden mussten. Mit Toyota und Porsche kamen jedoch in naher Zukunft zwei starke Werksteams hinzu. In diesen Jahren wurde auch der Wettbewerb in den GT-Klassen deutlich intensiver. So waren die Klassensiege zwischen Marken wie Aston Martin, Chevrolet, Ferrari und Porsche stark umkämpft.
Foto: Audi

2012-2020

Toyota Le Mans

LMP1-Hybrid-Ära

Im ersten Jahr des neuen Hybrid-Reglements hatte Audi noch leichtes Spiel gegen die Konkurrenz, bevor in den Jahren danach vor allem Toyota immer stärker wurde. Zwischen 2000 und 2014 gewannen die Ingolstädter 13-mal die 24 Stunden von Le Mans und sind bis heute nach Porsche die zweiterfolgreichste Marke beim Langstreckenklassiker. Ehe jedoch Toyota siegreich war, konnte Porsche mit dem 919 Hybrid erneut mehrfach gewinnen. Besonders ärgerlich für die Japaner ist hierbei sicherlich das Rennen aus 2016, als der in Führung liegende TS050 Hybrid in der letzten Runde mit einem technischen Defekt stehenblieb. Im Anschlussjahr kam es beinahe zu einer der größten Sensation in der Motorsport-Geschichte. In Laufe des Rennens fielen alle LMP1-Boliden mit einem technischen Defekt aus, wodurch kurz vor Rennende ein LMP2-Auto in Führung lag. Eine Stunde vor Schluss konnte Porsche jedoch die verlorene Zeit an der Box wieder gut machen und sich somit den bis dato letzten Sieg erobern. Aufgrund der hohen Kosten stiegen sowohl Audi als auch Porsche aus der Topklasse aus, wodurch Toyota 2018 endlich zum ersten Mal das 24-Stunden-Rennen gewinnen konnte. Im Zeitraum zwischen 2018 und 2020 war der Gesamtsieg jedoch wenig umkämpft, da die Japaner das einzige Werksauto einsetzten. Die wirklich spannenden Zweikämpfe fanden in dieser Zeit in der GTE-Pro-Klasse statt. Die reinen Profi-Besetzungen von Aston Martin, BMW, Chevrolet, Ferrari, Ford und Porsche lieferten über die gesamte Renndistanz spannenden Motorsport, der in der Topkategorie Mangelware war.
Foto: Toyota

2021-heute

Le Mans in den 2020ern

Hypercars – eine neue Hoffnung?

Folglich musste ein neues Reglement für die Prototypen-Topklasse entworfen werden. Dank einer Konvergenz zwischen der WEC (World Endurance Championship) und der IMSA (International MotorSports Association) dürfen ab sofort Prototypen aus beiden Serien in Le Mans an den Start gehen. Dank der deutlich erschwinglicheren Kosten im Vergleich zur LMP1, haben sich Stand 04/23 neun Werksteams und drei Privatteams eingeschrieben. Nach zwei Erfolgen seit Einführung der LMH-Autos dürfte Toyota beim 100-jährigen-Jubiläum deutlich mehr Konkurrenz bekommen. In Kombination mit den spannenden Duellen der GT-Klassen dürfen wir uns in Zukunft wieder auf enorm spannende Rennen in Le Mans freuen.
Foto: ACO

NASCAR goes Le Mans!

Pünktlich zum hundertsten Geburtstag des Langstreckenklassikers dürfen sich NASCAR-Fans auf einen wahren Leckerbissen in Le Mans freuen. Hendrick Motorsports setzt einen original Chevrolet Camaro ZL1 ein. Dank der Regeln der sogenannten „Garage 56“ darf das Stock-Car außer Wertung an den Start gehen. Mit Jimmie Johnson (7x NASCAR Champion), Jenson Button (F1 Champion 2009) und Mike Rockenfeller (Le Mans Sieger 2010) ist das Fahrzeug zudem äußerst prominent besetzt. Dieses besitzt anders als in den USA nun integrierte Scheinwerfer, um an dem Rennen teilnehmen zu können. NASCAR Fans können sich also auf den brachialen V8-Sound des Camaros freuen!


In der langen Le-Mans-Historie konnten wir Fans bereits zahlreiche sehenswerte Rennen und Autos bewundern. Wer einige der Fahrzeuge hautnah erleben möchte, kann dies ab dem 01.04.2023 im Technik Museum in Sinsheim tun. Motorvision.TV unterstützt die Veranstaltung und zeigt vor Ort zudem zahlreiche Videoclips des französischen Langstreckenklassikers. Motorsport-Fans können somit viel über die Geschichte des 24-Stunden-Rennens lernen und einige Rennwagen hautnah erleben.

Einhundert Jahre 24h von Le Mans – Neue Sonderausstellung im Technik Museum Sinsheim

24 Stunden Gänsehaut, 24 Stunden nervenaufreibende Spannung, 24-Stunden- Rennen von Le Mans – das Langstreckenrennen an der Sarthe feiert nächstes Jahr sein 100- jähriges Jubiläum.

Diesem besonderen Anlass widmet das Technik Museum Sinsheim ab 1. April 2023 die Sonderausstellung „Einhundert Jahre 24h von Le Mans“ auf 3.000 m2 Ausstellungsfläche, in der dafür neu gestalteten Halle 3. Rund 30 Rennfahrzeuge von den Anfängen bis heute bilden, stets wechselnd, bis Januar 2024 den Kern der Ausstellung – darunter ein Porsche 919 von 2015, ein Lorraine-Dietrich B3-6 von 1926, ein Ford GT 40 von 1966 sowie ein Triumph TRS 1961. „Wir sind stolz darauf, dass wir für dieses Projekt den Maler und Museumsmitglied Uli Ehret gewinnen konnten, der seit über 20 Jahren Le-Mans- Geschichte mitschreibt und mitzeichnet,“ so Museumspräsident Hermann Layher über die Zusammenarbeit.

Über die Technik Museen Sinsheim Speyer

Die Technik Museen Sinsheim Speyer zeigen zusammen auf mehr als 200.000 m2 über 6.000 Exponate aus allen Bereichen der Technikgeschichte in einer weltweit einzigartigen Vielfalt. Vom U-Boot bis zum Oldtimer, von der Concorde bis zum Space Shuttle Buran ist alles vertreten.
Vom gemeinnützigen Förderverein Auto + Technik Museum Sinsheim e. V. getragen und ganz nach dem Motto „für Fans von Fans“ gehören den Technik Museen Sinsheim Speyer weltweit rund 3.500 Mitglieder an. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich durch Eintrittsgelder, Spenden sowie Mitgliedsbeiträge der Vereinsmitglieder. Alle Überschüsse werden zur Erhaltung und zum Ausbau der Museen verwendet.